1980 Bettelhochzeit
Veröffentlicht in 1980 · Sonntag 10 Feb 1980 · 6:30
Reiner Pletter, SZ EBE
Hoch lebe das Bettelpaar: Sefferl vo da Hofburgleit'n und Petersilus vo da Pfaffnbachseit'nDas Ja-
Am morgigen Sonntag, den 10.2.1980, haben die Emmeringer nach zwölfjähriger Pause wieder die Faschingspflicht, bei einer Bettelhochzeit ein neues Paar ihren ehelichen Pflichten zuzuführen. Dies wurde notwendig, nachdem die Ehe zwischen Naziliki von der Hirschau und seiner um einen Kopf größeren Gemahlin Borisiana von der Hofburg am 11.11. des letzten Jahres geschieden werden musste. Zu dieser traurigen Zerrüttung einer anfangs vorbildlich geführten Gemeinschaft war es gekommen, da sich beide später eine Fülle von skandalösen Eheverfehlungen zuschulden kommen ließen. Das Ende der einstmals großen Liebe bedeutete dann – wie die Scheidungsverhandlung ergab – ein läppisches“ Verhältnis, das Naziliki endgültig vor den Scheidungskadi trieb. Die Hochzeitslader Johann Oeckl und Peter Gschwendtner hoffen nun, dass sich die neue Braut Sefferl von der Hofburgleit’n nicht ebenfalls als üble Xanthippe erweist. Ihrem Bräutigam Petersilius von der Pfaffenbachseit’n wird jedenfalls nachgesagt, das er trotz seiner schmächtigen Figur über genügend Standvermögen verfügt, um sich gegen seine übermächtige Gattin in spe durchzusetzen.
Das traditionelle Faschingsspektakel der Emmeringer beginnt am morgigen Sonntag, um 13.13 Uhr mit dem Bettelzug. Danach werden sich die beiden Heiratskandidaten auf dem größten Misthaufen der Gemeinde zwischen Emmering und Hirschbichl wohl oder übel das Ja-
Nach den Feierlichkeiten geht es in den Gasthof Bichler“ zum Bettelmahl, wo das traditionelle saure Lüngerl mit Semmelknödel geeicht wird. Die veranstaltenden Vereine aus Emmering hoffen, dass dieser Eheschließung viele Gäste als Zeugen beiwohnen. Dem Brautpaar Naziliki und Borisiana drückten vor zwölf Jahren immerhin 2000 Hochzeitsgäste die Daumen. Dass es nichts genutzt hat, steht auf einem anderen Blatt.



Reiner Pletter, SZ EBE
Die Braut brachte außer 11 Kinder nichts in die Ehe mit
Der Mann versprach, sie gelegentlich mit dem Besen abzustauben/Panzerrohr zielte Richtung Aßling
Die Braut qualmte Stumpen, strich sich erwartungsfroh über den unverkennbar schwangeren Bauch, zupfte lässig an ihrem Mieder und schluckte sichtbar routiniert den Gerstensaft aus der Flasche. Dabei brachte sie es noch fertig, mit dem kräftigen, von weißer Seide umhüllten linken Arm ihren befrackten, von der Großartigkeit des Augenblicks sichtlich mitgenommen Bräutigam aufzurichten, der – knapp die Hälfte ihres Gewichts – auf der Hochzeitskutsche immer wieder in sich zusammenzusinken drohte.
Rund 5000 Gäste – nach abschließender Zählung – hatten sich am Sonntag in Emmering eingefunden, um der Bettelhochzeit zwischen Sefferl von der Hofburgleit’n (Josef Kiermeier) und ihrem um zwei Köpfe kleineren Gspusi Petersilius von der Pfaffenbachseit’n (Peter Meilinger) den gebührenden Rahmen zu verleihen. Warf man einen Blick auf die Nummernschilder der Autos, wurde klar, dass diese Vermählung überregionales Interesse erweckt hatte. Münchner und Rosenheimer waren ebenso vertreten wie die Narren aus dem Landkreis.
Was Junggesellen sagen
Über eine so lebensentscheidende Frage wie die de Eheschließung wurde gerade zu Nichtfaschingszeiten vor allem von Junggesellen übles geäußert. Der Königsberger Philosoph Immanuel Kant, der diesen Schritt ein Leben lang zu umgehen wusste, meinte, die Ehe sei nichts anderes als ein Vertrag zum gegenseitigen Gebrauch (oder Missbrauch) zweier Personen. Dass das Nordlicht damit nicht so unrecht hatte, mussten die Emmeringer bei ihrem letzten Bettelpaar feststellen. Diese musste geschieden werden, wie die Gattin Borsiana von der Hofburg ihrem Ehemann Nazliki von der Hirschau nicht einmal mehr dies zugestand. Vielmehr ließ sie ihre Pflichten unter skandalösen Umständen auswärts über sich ergehen.
Damit derartiges nicht mehr vorkommt, hatten sich die Emmeringer bereits bei den Vorbereitungen der diesjährigen Festlichkeiten alle Mühe gegeben. Mit Petersilius glaubte man, trotz seiner schmächtigen Figur, einen Gemahl mit dem notwendigen Durchsetzungsvermögen gefunden zu haben. Dass er dies bebrauchen wird, soll die Ehe auf einer gedeihlichen Vertrauensbasis geführt werden, steht wohl außer Zweifel. Immerhin brachte seine Braut elf putzige Kindlein mit in die Ehe ein. Dazu ergänzte sie den Hausstand noch mit einem klapprigen Schrank, einem Besen und einem Nachttopf.
Rindviecher suchten das Weite
Pünktlich um 13:13 Uhr begann der Hochzeitszug unter den Klängen der Emmeringer Blasmusiker, unter die sich zu diesem Ereignis Scheide und andere Exoten gemischt hatten. Auf dem Brautwagen herrschte gediegenes schwarz-weiß vor, an diesem Tag ein wahrlich schöner Kontrast zu einem bilderbuchmäßigen weiß-blauen Himmel. Hoffentlich kein böses Omen: Als die Karosse eine Weide an der Hauptstraße passierte, suchten die Rindviecher schlagartig das Weite und beglotzten aus sicherer Entfernung ungläubig staunend das Geschehen.
Ein bedauerlicher Zwischenfall verzögerte leider den Vollzug der Eheschließung, der auf einem Misthaufen von beträchtlichen Ausmaßen zwischen Emmering und Hirschbichl stattfinden sollte. Ein auf einem Erste-Hilfe-Wagen behandelter Patient verstarb“ zwischenzeitlich und musste in einer Blitzaktion eingesargt werden. Ansonsten sorgte jedoch ein Gemeindegrenzschutzkommando mit einem Panzer für die Sicherheit der Teilnehmer. Dessen Rohr zielte meistens in die Richtung der Klau-Gemeinde“ Aßling, von der die Emmeringer neben dem Verlust der Selbständigkeit offenbar auch noch die Entführung ihres Brautpaares befürchteten. Bürgermeister Lebmeier meinte jedoch, dass dieses Paar der Nachbargemeinde eher zur Zierde gereiche.
Dann war es aber doch so weit. Ein bleicher, schlotternder Petersilius wurde unter gütiger Mithilfe seiner frohgestimmten Sefferl auf den Misthaufen schubst, auf dem die Hochzeitsstifter ein Podest mit Birkenholzgeländer – einem Schafott nicht unähnlich – aufgebaut hatten. Die Blaskapelle intonierte dazu den Weltverdruss“ (bin a verlassenes Kind, so wia der Almenwind), eine Weise, die der Getragenheit des Augenblicks nicht richtig gerecht wurde.
Sefferl nimmt die letzten kosmetischen Korrekturen vor, der Panzer und alle weiteren Fahrzeuge des Hochzeitszuges veranstalten ein ohrenbetäubendes Geknatter. Größere Schwierigkeiten entsehen, als Petersilius seiner hochschwangeren Gattin in spe das letzte uneheliche Busserl verabreichen will. Eine eilends herbeigeschaffene Leiter lässt dann diese Liebesbezeugung schließlich zu. Dass Sefferl ein hochanständiger Gemahl zuteil wurde, mag dies veranschaulichen: Mit deren Leibesfülle konfrontiert, versichert Petersilius glaubhaft: I wars ned“.
Vor dem Ja-Wort werden die Besenbinder und die Hühner- und Kuhmagd vom Standesbeamten mit den Aufgaben vertraut gemacht, die nun auf ihrem gemeinsamen auf sie zukommen werden.
So wird Petersilius dazu verpflichtet, sein Weib gelegentlich zu waschen und zu kampeln, mit dem Besen abzustauben und zum Trocknen an den Haaren aufzuhängen. Einen letzten Ausreißversuch unternimmt der kleine Mann bei der Bekanntgabe des Standesbeamten, dass jeder Rausch ab jetzt mit dem Wurf eines gefüllten Nachttopfes an sein Haupt geahndet werden soll. Sehr missfällt ihm auch, dass er dem wegen der verbürgten Sefferlschen Fruchtbarkeit zu erwartenden Nachwuchs den Verzehr schwarz geschlachteten Viecher verbieten soll.
Nun, Sefferl zerstört die Renitenz des davoneilenden, in dem sie ihn am Hosenboden fasst und ihm des Eheversprechen kurzerhand aus der Kehle quetscht. Wes Wunder, dass nach dieser schlichten, aber dennoch ergreifenden Zeremonie 14 Zentner Lüngerl und 1000 Knödel unter Pappnasen und durch Masken hindurch den Weg ihrer Bestimmung gehen mussten.
Es bleibt zu hoffen, dass dem Emmeringer Faschingspaar die leidvollen Erfahrungen ihrer Vorgänger erspart bleiben. An Petersilius wird es bestimmt nicht liegen. Seine Mutter versprach, ihn am selben Abend noch darüber aufzuklären, was ihm eigentlich bevorstehe. Ob dies noch geschah, scheint wegen des späteren Zustands aller Beteiligten zweifelhaft.
Reiner Pletter, SZ EBE
Der Mann versprach, sie gelegentlich mit dem Besen abzustauben/Panzerrohr zielte Richtung Aßling
Die Braut qualmte Stumpen, strich sich erwartungsfroh über den unverkennbar schwangeren Bauch, zupfte lässig an ihrem Mieder und schluckte sichtbar routiniert den Gerstensaft aus der Flasche. Dabei brachte sie es noch fertig, mit dem kräftigen, von weißer Seide umhüllten linken Arm ihren befrackten, von der Großartigkeit des Augenblicks sichtlich mitgenommen Bräutigam aufzurichten, der – knapp die Hälfte ihres Gewichts – auf der Hochzeitskutsche immer wieder in sich zusammenzusinken drohte.
Rund 5000 Gäste – nach abschließender Zählung – hatten sich am Sonntag in Emmering eingefunden, um der Bettelhochzeit zwischen Sefferl von der Hofburgleit’n (Josef Kiermeier) und ihrem um zwei Köpfe kleineren Gspusi Petersilius von der Pfaffenbachseit’n (Peter Meilinger) den gebührenden Rahmen zu verleihen. Warf man einen Blick auf die Nummernschilder der Autos, wurde klar, dass diese Vermählung überregionales Interesse erweckt hatte. Münchner und Rosenheimer waren ebenso vertreten wie die Narren aus dem Landkreis.
Was Junggesellen sagen
Über eine so lebensentscheidende Frage wie die de Eheschließung wurde gerade zu Nichtfaschingszeiten vor allem von Junggesellen übles geäußert. Der Königsberger Philosoph Immanuel Kant, der diesen Schritt ein Leben lang zu umgehen wusste, meinte, die Ehe sei nichts anderes als ein Vertrag zum gegenseitigen Gebrauch (oder Missbrauch) zweier Personen. Dass das Nordlicht damit nicht so unrecht hatte, mussten die Emmeringer bei ihrem letzten Bettelpaar feststellen. Diese musste geschieden werden, wie die Gattin Borsiana von der Hofburg ihrem Ehemann Nazliki von der Hirschau nicht einmal mehr dies zugestand. Vielmehr ließ sie ihre Pflichten unter skandalösen Umständen auswärts über sich ergehen.
Damit derartiges nicht mehr vorkommt, hatten sich die Emmeringer bereits bei den Vorbereitungen der diesjährigen Festlichkeiten alle Mühe gegeben. Mit Petersilius glaubte man, trotz seiner schmächtigen Figur, einen Gemahl mit dem notwendigen Durchsetzungsvermögen gefunden zu haben. Dass er dies bebrauchen wird, soll die Ehe auf einer gedeihlichen Vertrauensbasis geführt werden, steht wohl außer Zweifel. Immerhin brachte seine Braut elf putzige Kindlein mit in die Ehe ein. Dazu ergänzte sie den Hausstand noch mit einem klapprigen Schrank, einem Besen und einem Nachttopf.
Rindviecher suchten das Weite
Pünktlich um 13:13 Uhr begann der Hochzeitszug unter den Klängen der Emmeringer Blasmusiker, unter die sich zu diesem Ereignis Scheide und andere Exoten gemischt hatten. Auf dem Brautwagen herrschte gediegenes schwarz-
Ein bedauerlicher Zwischenfall verzögerte leider den Vollzug der Eheschließung, der auf einem Misthaufen von beträchtlichen Ausmaßen zwischen Emmering und Hirschbichl stattfinden sollte. Ein auf einem Erste-
Dann war es aber doch so weit. Ein bleicher, schlotternder Petersilius wurde unter gütiger Mithilfe seiner frohgestimmten Sefferl auf den Misthaufen schubst, auf dem die Hochzeitsstifter ein Podest mit Birkenholzgeländer – einem Schafott nicht unähnlich – aufgebaut hatten. Die Blaskapelle intonierte dazu den Weltverdruss“ (bin a verlassenes Kind, so wia der Almenwind), eine Weise, die der Getragenheit des Augenblicks nicht richtig gerecht wurde.
Sefferl nimmt die letzten kosmetischen Korrekturen vor, der Panzer und alle weiteren Fahrzeuge des Hochzeitszuges veranstalten ein ohrenbetäubendes Geknatter. Größere Schwierigkeiten entsehen, als Petersilius seiner hochschwangeren Gattin in spe das letzte uneheliche Busserl verabreichen will. Eine eilends herbeigeschaffene Leiter lässt dann diese Liebesbezeugung schließlich zu. Dass Sefferl ein hochanständiger Gemahl zuteil wurde, mag dies veranschaulichen: Mit deren Leibesfülle konfrontiert, versichert Petersilius glaubhaft: I wars ned“.
Vor dem Ja-
So wird Petersilius dazu verpflichtet, sein Weib gelegentlich zu waschen und zu kampeln, mit dem Besen abzustauben und zum Trocknen an den Haaren aufzuhängen. Einen letzten Ausreißversuch unternimmt der kleine Mann bei der Bekanntgabe des Standesbeamten, dass jeder Rausch ab jetzt mit dem Wurf eines gefüllten Nachttopfes an sein Haupt geahndet werden soll. Sehr missfällt ihm auch, dass er dem wegen der verbürgten Sefferlschen Fruchtbarkeit zu erwartenden Nachwuchs den Verzehr schwarz geschlachteten Viecher verbieten soll.
Nun, Sefferl zerstört die Renitenz des davoneilenden, in dem sie ihn am Hosenboden fasst und ihm des Eheversprechen kurzerhand aus der Kehle quetscht. Wes Wunder, dass nach dieser schlichten, aber dennoch ergreifenden Zeremonie 14 Zentner Lüngerl und 1000 Knödel unter Pappnasen und durch Masken hindurch den Weg ihrer Bestimmung gehen mussten.
Es bleibt zu hoffen, dass dem Emmeringer Faschingspaar die leidvollen Erfahrungen ihrer Vorgänger erspart bleiben. An Petersilius wird es bestimmt nicht liegen. Seine Mutter versprach, ihn am selben Abend noch darüber aufzuklären, was ihm eigentlich bevorstehe. Ob dies noch geschah, scheint wegen des späteren Zustands aller Beteiligten zweifelhaft.
Reiner Pletter, SZ EBE



Da Schmid Hans war 1980 ois Hozatloder untawegs