1992 Bettelhochzeit

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1992 Bettelhochzeit

Bettelhochzeit Emmering
Veröffentlicht in 1992 · Sonntag 01 Mär 1992 ·  6:45

(4,8 MB) Historischer Rückblick - Zusammengestellt von Pankraz Spötzl


Hoch lebe das Bettelpaar: Fahrschuilina Steigaufbrems vo da Stinkgrobnseit'nund Kasmax vo da Hintaorschau
Walter Czermak, EZ

Strahlender Himmel bei Hochzeit auf dem Misthaufen

Es  gibt keine Zweifel: Von den insgesamt fünf Bettelhochzeiten, die  bislang von den Emmeringern Ortsvereinen auf die Beine gestellt wurden,  war die jüngst die größte, originellste und aufwendigste; ein wahrhaft  gut gelungenes, einmaliges Faschingsspektakel mit Format, von dem man  mit Sicherheit weit und breit noch lange sprechen wird. Wie man erfahren  konnte, soll die Gaudi ja sogar ganz eingefleischte Faschingsmuffel aus  ihren Verstecken gelockt haben.
Bereits um die Mittagszeit sah und  hörte man verschiedene motorisierte Fahrzeuge, von denen man nicht immer  gleich sagen konnte, aus welcher Bastelwerkstatt sie kamen, bei ihren  Probefahren“ durch den Ort rattern. Dann wurde Emmering von den  Ordnungsleuten der Feuerwehrpolizei“ für den normalen Durchgangsverkehr  gesperrt, und unter der Aufsicht von Obergschaftlhuawa Schorsch vo da  Hirschbichler Unfallkurvnseitn so nach und nach mit der Aufstellung des  Hochzeitszuges begonnen; aber wegen der unheimlich vielen Fahrzeuge  aller Art – es waren allein 40 große Faschingswägen – zog sich die Sache  natürlich in die Länge.  

Bevor die Fahre der vielen Vehikel den  ersten Gang einlegen konnten und sich auch die Massen des narrischen  Fußvolks in Richtung Hirschbichl in Bewegung setzten, verging schon eine  gewisse zeit, und die vielen Zuschauer an den Straßenrändern im  Ortsbereich von Emmering hatten genügend Gelegenheit, sich die  humorvollen Aufschriften und Darstellungen auf den Wägen in aller  Gemütsruhe zu betrachten. Der Einfallsreichtum war einfach toll.

Natürlich  war nicht alles, was in dem rund einen Kilometer langen Gaudiwurm  mitfuhr oder –lief, auf die Bettelhochzeit bezogen; auf vielen Wägen  nahm man freilich auch, wie sich das im Fasching gehört,  kommunalpolitische Probleme sowie andere Dinge, die das Volk bewegen,  auf die Schippe oder die Vereine zogen ihre eigenen Angelegenheiten mal  so richtig durch den Kakao, so dass groß und klein wieder einmal so  recht von Herzen lachen konnte.

Alle waren jedenfalls mit Lust  und Liebe bei der Sache, und bei dem wunderschönen, warmen  vorfrühlingshaften Wetter lachte auch die Sonne mit aller Kraft auf das  närrische Volk herunter, das aus allen Himmelsrichtungen herbeigeströmt  war, um das große Faschingstheater mitzuerleben.

Draußen auf dem  sonnenüberstrahlten Doktoranger“ zwischen Emmering und Gichtbichl“, wie  auf dem ungeänderten Ortsschild stand, war dann bei der Trauung des  Bettelhochzeitspaares Kasmax Fuizlaus vo da Hintaorschau“ (Max Keil) und  Fahrschulina Steigaufbrems vo da Stinkgrobnseitn“ (Klaus Schmid)  natürlich der Teufel los. Alle machten ihre Sache ausgezeichnet und die  weit über 6000 Schaulustigen jeden Alters gingen bei der humorvollen  Zeremonie, die sich auf einem über zwei Meter hohen Misthaufen  abspielte.

Anschließend kroch der lange Gaudiwurm dann nach  Bruckhof hinüber. Voran wieder die Emmeringer Blaskapelle, die  gelegentlich auch Walzer- oder Schunkelliede spielte und auf die  Wagenkolonne warten musste. Bei der Hochzeitsfeier im Saal des  Gasthauses Brunner ging`s auch entsprechend feierlich“ zu, aber Wast  Friesinger, de offizielle Hochzeitslader aus Albaching und das  Bedienungspersonal wurden der verrückten Hochzeitsgesellschaft bald  Herr. Dass die Hochzeitsgäste zusammen mit den Neuvermählten diesmal  besonders lange aushielten, war den Veranstaltern und den Wirtsleuten  natürlich recht. Und noch eines: Hoch lebe das edle Brautpaar (bis zur  Scheidung in elf Jahren). Walter Czermak, EZ



Schmatz fürs Leben auf dem Misthaufen
Andrea Mayerhöfer, SZ EBE

Jetzt  sog sch endlich ja“. Die Aufforderung des ungeduldigen Standesbeamten  hilft erst einmal gar nichts. Bräutigam Kasmax Fuizlaus vo da  Hinterorschau“ ziert sich gewaltig. Da muss ihn schon die edle Braut  Fahrschulina Steigaufbrems vo da Stinkgramseitn“ mit einem Schnaps  bestechen. Endlich können die mehreren Tausend Hochzeitsgäste auf der  Emmeringer Wiese Zeuge werden, wie die beiden den Ehebund schließen.  Dass der mit Sicherheit aber nicht fürs Leben hält, davon war gestern  schon um Punkt 13.33 Uhr beim Standesamts Termin auf dem Misthaufen  jeder Hochzeitsgast überzeugt.

Was aber machte die Zuschauer so  sicher? Dass sich ein Bräutigam vor der Eheschließung noch einmal  kräftig bitten lässt, soll öfters vorkommen. Und auch die optische  Stimmigkeit oder Disharmonie eines Brautpaares wird schon längst nicht  mehr als Garant ewigen Glücks oder Desasters angesehen. Zugegebenermaßen  gab das edle Pärchen wahrlich keine Augenweide ab: Der gute Kasmax  reichte seiner Holden gerade bis zur Brust, die selbige laufend unter  ihrem spitzenbesetzten Kleid der Marke Vorhang zurechtzurücken suchte.  Beim Hochzeitskuss musste der kurzgeratene Bräutigam gar eine Leiter zu  Hilfe nehmen, um seiner Frischangetrauten, die vorher noch schnell ihren  Zigarillorauch weggeblasen hatte, den Schmatz aufzudrücken. aber wie  gesagt, auch das war nicht der Grund für die Unkenrufe. doch auch Maria  Eigelb“, die Taufpatin der Braut, und Katinka Zickzack“, die Schneiderin  de schicken Hochzeitsgewänder, schüttelten unentwegt missbilligend ihre  Köpfe, als die Trauungszeremonie bei strahlenden Sonnenschein von  statten ging. Na, na des wird nix“ wussten sie. Er is hübsch noadig“,  sprachen sie Kasmaxens bescheidene“ finanzielle Verhältnisse an, um noch  einmal hinzuzufügen: Des ko gar nix wern“.

So viel ist sicher:  Die beiden Grantlerinnen werden wie die anderen Hochzeitsgäste recht  behalten. In elf Jahren wird das traute Paar wieder geschieden. So will  es der oberbayerische Brauch der Bettelhochzeit als beliebtes  Faschingsspektakel. Wahrscheinlich – so genau wusste es keiner von den  Organisatoren, sämtliche Verein um und in Emmering – gehr der Brauch auf  Bettelhochzeiten des Mittelalters zurück, als für arme Paare gesammelt  wurde, damit auch sie feierlich vor den Traualtar schreiten können.

Feierlich  war das Spektakel in der Tat. Der Gaudiwurm, angeführt von der  Hochzeitskutsche, zählte mehr als vierzig Wagen. Da wurde das Brautpaar  von der buckladn Vowandschaft“ ebenso zum Misthaufen begleitet wie vom  Jungfrauenverein, seinen unehelichen Kindern, der Vowandschaft aus dem  Senegal oder den Bierolypics. Wichtigste Utensilien der zahlreichen  Gefolgschaft, o im Traktor, Anhänger, Kadettilac“ oder Kinderwagen,  waren Wasserspritze, Konfetti und Sägemehl. Die Schaulustigen wurden  nicht verschont, die von der deftigen Gaudi sichtlich begeistert waren.  Auf der großen Wiese vor Hirschbichl traten sie sich auf die Zehen, um  einen Blick vom schönen Brautpaar zu erhaschen. Der Verkehr um Emmering  war derweil lahmgelegt.  Umleitungs- und Hinweisschilder an  sämtlichen Ortszufahrten zeigten den Unwissenden das Großereignis an,  für das rund 5000 Besucher angereist waren. die Emmeringer selbst waren  schon seit den Morgenstunden auf den Beinen. Denn wie es bei einer  richtigen Trauung hierzulande üblich ist, dürfen die Hochzeitslader  nicht fehlen. Die warteten schon seit vier Uhr morgens ihres Amts und  luden zu der prunkvollen“ Armentrauung ein. Freilich fanden beim  Hochzeitsmahl beim Brunner-Wirt“ nicht alle Besucher einen Platz.  Wer aber nicht gerade Freund von Innereien ist, konnte sich trösten.  Stilgerecht wurde Lüngerl kredenzt. (Andrea Mayerhöfer, SZ EBE)



Hozatloderspruch 1992

Nun stehen wir hier vor diesem Haus,
und richten eng vom Brautpaar an scheen gruaß aus.

Tausend schlappramend voll hoffn,
in die Ehe habn sich verschloffn,
da Kas Max Fuizlaus von da hintern Orsch-Au,
und de edle Jungfrau Fahrschuilina von da Stinkgrobnseitn,
werd sei Frau

Da Kas Max is a brava Mo,
duad sauffa wos er ko.
De edle Jungfrau Fahrschuilina is a himme lange Stangga,
verschlugd an Zwetschkern und dann moansd sie is schwangga.

Eahna Hozat is a Witz, aussa Fuizleis ham se nix.
Zam kemma damma am 1. März,
wo se de zwoa mit großen Schmerz,
am gräßtn Misthauffa zwischn Emmering und Hirschbiche,
mit vui Schimpf und Schand, dann zamraffa.

Is de feierliche Trauung dann vobei,
schlogd da Hozatzug den Weg noch Bruckhof ei.

Do weard uns dann a guads Moi aufdischt,
do mua a jeda schaun dad a wos dawischt.

Es gibt a ganz guade Speis,
a Lüngerl mit Gnell und bachane Meis,
und duad oan s`Essen gar fest stingga,
na ko ea no den oidn Aua Blemmbe dringa.

So liabe Leid, jetz hamma eng in Bettelhozat eiglodn,
und a Festzeicha füa zwoa Mark kenz a glei hobn,
und daz es oi schee maskian,
dann brauchts koa Veitagwand ned aussa ziang.


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