2014 Bettelhochzeit
Veröffentlicht in 2014 · Sonntag 02 Mär 2014 · 2:15
Heiratszwang auf dem Misthaufen
Carolin Nuschler, EZ, 03.03.2014
Emmering
- Endlich war es soweit, traditionell alle elf Jahre im Fasching:
Bettelhochzeit in Emmering, oder besser, Ausnahmezustand im
Landkreis-Süden.
Langsam
tuckerten sie auf ihrem Wagen daher. Ganz eng saßen sie beieinander,
winkten, hielten Händchen. „Alexandria“ (Alexander Dullinger, 36), und
„Dofe“ (Christof Huber, 19), das Gaudi-Paar der Emmeringer
Bettelhochzeit 2014 war auf dem Weg zum großen Misthaufen zwischen
Emmering und Hirschbichl, hin zu ihrer Trauung.
Punkt
13.13 Uhr ging es gestern los: Auf das Hochzeitsauto folgte eine
Schlange bunter Faschingswagen sämtlicher Vereine und Gruppen aus der
Gegend, die durch die Menschenmengen rollten. Neben der üppigen
„Vowandschaft vo Afrika“ in Baströckchen, hatte es auch die „geldige
Vowandtschaft aus Amerika“ zur Feier geschafft, die mit Dollar um sich
warf. Dahinter: die in dicke Pelzmäntel gewickelte „Vowandtschaft aus
dem Osten“.
Gruselig waren die
Arbeitskollegen der Braut: schwarz gekleidet mit Horror-Masken und einem
Sarg im Schlepptau, kamen sie als „Boandlkramer“ daher. Wild ging’s im
„Stammlokal des Bräutigams“ zu, das ebenfalls beim Umzug mitrollte - ein
Stripschuppen, mit lauter Musik und blonder, vollbusiger Belegschaft.
Aktuelle
Skandale wurden thematisiert, bekannte Persönlichkeiten bekamen ihr
Fett weg: „Bescheidenheit ist eine Zier, besser lebt man aber ohne ihr“,
stand auf einem Wagen, besetzt mit Bischof und Gefolge. „Kindersitze in
jedem Eurofighter“ forderten Jugendliche im Militärsoutfit. Dass man
nicht einmal ADAC-Engeln trauen kann, hieß es von den „gelben Bengeln“.
„Jetzt
kemmans!“ Aufgeregt zeigte ein kleines Mädchen in Richtung
Hochzeitsauto, das samt Brautpaar am dampfenden und miefenden Misthaufen
eintrudelte. Jetzt wurde es ernst: Ganz in weiß und mit einem
bodenlangen Schleier schritt die breitschultrige „Alexandria, eiskoide
Schuierin, Boandlkramerin von da Hirschau“ zusammen mit ihrem
schmächtigen „Grispal Dofe, Fleischdantler vo da Bruckhofer Schebabixn“
in Zylinder und Frack die Treppe hinauf auf den Misthaufen, wo der
Standesbeamte „Grazilius Dreihax, von und zu Allrad“ (Pankraz Kraißer)
bereits wartete.
Doch schnell
hatte es sich der Bräutigam anders überlegt: Nach einem Streit zwischen
ihm, der herrischen Braut und den bissigen Schwiegerleuten wollte er
„ins Wirtshaus seines Vertrauens“ flüchten. Aber seine grobe Braut war
schneller. Sie fing ihn wieder ein, schrie „du woaßt, was ich in die
Finger krieg’, lass ich nie wieder los“, und haute ihm eins mit dem
Brautstrauß über. Sie schulterte ihren „Dofe“ und trug ihn den
Misthaufen wieder hinauf. „Ja, guad! I kimm eh net aus“, so „Dofe“. Dann
wurde gezwungenermaßen doch noch geheiratet.
Bei saurem Lüngerl und eigens für die Bettelhochzeit kreiertem Bier und Sekt dauerte die Gaudi bis in die Nacht.
Carolin Nuscheler