1979 Scheidung

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1979 Scheidung

Bettelhochzeit Emmering
Veröffentlicht in 1979 - Scheidung · Sonntag 11 Nov 1979 ·  3:30
Scheidung der Bettelhochzeit 1968 am 11.11.1979, SZ EBE

Am 11.11 um 11:11 Uhr

begann wie jedes Jahr die neue Faschingssaison. Viele haben es vielleicht gar nicht gemerkt. In Schalldorf allerdings konnte jeder der an der Gastwirtschaft Stechl vorbei ging, den Auftakt zum närrischen Treiben nicht überhören. Drinnen wurde gestritten und gelacht, dass man förmlich Angst haben musste, es drückt die Mauern nach draußen. Vor elf Jahren hatte Naziliki von der Hirschau seine um einen Kopf größere Borisiana von der Hofburg geheiratet.

Jetzt standen bei vor Gericht (Walter Czermak als Staatsanwalt und Johann Gambos als Richter), um die Scheidung zu erreichen. Beide Eheleute hatten sich eine Fülle von Eheverfehlungen zuschulden kommen lassen. Borisiana soll sogar ein läppisches“ (sprich: lesbisches) Verhältnis mit der Zeugin (Kathi Karl) gehabt haben, an der sogar Wachtmeister (Johann Egger) eine unsittliche Amtshandlung vornimmt.

Die Zuschauer im überfüllten Stechl-Saal hatten ihre Freude am Spiel aller (in weiteren Rollen: Martha Czermak, Franz Brunner, Martin Kirchlechner und Herbert Rott) und jetzt freut man sich schon auf die neue Bettelhochzeit, die am 10.2.1980 Höhepunkt der Faschingssaison werden soll.



Dem Ehemann a blau’s Aug’“ geschlagen  EZ

Pünktlich um 11.11 Uhr betrat das hohe Gericht“ unter den Klängen der Amtsgericht-Polka“, gespielt von der Emmering Junioren-Blaskapelle, die zum Gerichtssaal umfunktionierte Stube der Gastwirtschaft Stechl in Schalldorf. Dichtgedrängt saßen die Zuhörer, und viele konnten keinen Platz mehr finden. Denn das seinerzeit im Fasching 1968 auf Emmerings größten Misthaufen“ getraute Paar Naziliki von der Hirschau“ und seine um mehr als einen Kopf. Größere Angetraute Borisiana von der Hofburg“ sollte nach mehr als elfjährigen Ehekrieg“ geschieden werden.

Der Ehemann hatte den Scheidungsantrag gestellt und brachte als Begründung vor, er werde von seinem Eheweib – sofern sie überhaupt einmal daheim sei und nicht gerade im Wirtshaus hocke – ständig geschlagen, von das angeschwollene blaue Auge des Klägers sichtbares Zeugnis ablegt. Auch bekomme er nie etwas richtiges zu Essen, und seine Frau sei nicht zufrieden zustellen.

Diese Anschuldigungen wurden in der vom Oberamtsrichter“ (Walter Czermak) eröffneten Sitzung von der Zeugin Martine von Staudenberg“ (Martha Czermak) überzeugend erhärtet: Der Kläger sei in den elf Jahren der Ehe keinen Zentimeter gewachsen, weil ihn die vosuffane Kache schlecht g’fuadat“ habe. Statt die Post auszutragen, sei die Beklagte, von Beruf Postbote, immer den ganzen Vormittag im Wirtshaus gesessen, und die Leute hätten sich die Zeitung und die Post selber holen müssen. Auf die Übergröße der Beklagten anspielend, meinte die Zeugin, der Kläger hätte im Bett von der langg’haxaten Trud“ nichts vorgefunden ois wia lauter Hax’n“.
Der nächste Zeuge Martscholo von der Bettelumkehr“ (Martin Kirchlechner“ versuchte, die Angeklagte zu entlasten. Der Kläger habe das viele Geld, das seine Angetraute mit in de Ehe gebracht habe, samt und sonders voteifet“. Trotz vieler Worte – nicht einmal der richt kommt bei diesem Wortschwall noch zu Wort – kann die Zeugin (Kathi Karl), die mit der Beklagten in der Schule immer in der letzten Bank saß“ nichts wesentliches zu deren Entlastung aussagen, so dass die Ausführungen des Wildschützen Franzesko von der Auerbräu-Bruck’n“ (Franz Brunner) besonders Gewicht bekommen sollte. Er bringt zur Erhärtung seiner Aussage auch gleich den Beweis im Wagerl“ mit: ein ausgewachsenes, biertrinkendes Baby (Herbert Rott) in einem viel zu kleinen Kinderwagen. Der Vater – so der Zeuge – sei unbekannt. Doch als die Mutter sei die Beklagte Borisiana“ aufgrund einer Blutprobe, vorgenommen von einem Tierarzt in volltrunkenen Zustand, ermittelt worden.  

Da diese zu diesen Anschuldigungen nur fadenscheinige Entschuldigungen vor bringen kann, beantragt der Oberstaatsanwalt 50 Jahre Trennung von Tisch und Bett und nie wieder Verheiratung“. Der Oberamtsrichter verkündet schließlich das Urteil: Acht Tage lang muss die Beklagte vormittags vier halbe Bier trinken. Der Kläger kommt auch nicht ungeschoren davon: Wegen Vernachlässigung seiner Frau muss er fünf Maß Bier zahlen. Dann wird die Scheidung ausgesprochen und der neuen Bettelhochzeit am 10.2.1980 steht nichts mehr im Wege.


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